Wolfgang Thierses Sitzblockade und die Folgen
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hat am 1. Mai an einer Sitzblockade gegen einen Naziaufmarsch in Berlin teilgenommen. Er liess sich nach einer Aufforderung von einem Polizeibeamten abführen. Die CDU/CSU Fraktion will Thierses Verhalten nun vor dem Ältestenrat im Bundestag zur Sprache bringen.
Ist ein Abgeordneter des Bundestags zu den selben bürgerlichen Pflichten obligiert wie jeder andere Staatsbürger? Wolfgang Thierse betont, er habe seine Pflicht als Bürger getan und „sein Gesicht gezeigt“ gegen den Aufmarsch von rechtsextremen Gruppierungen. Thierse hatte zusammen mit einigen anderen Berliner Politikern eine Strasse in Prenzlauer Berg blockiert, und so kurzzeitig den Zug von 700 Neonazis aufgehalten.
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Wolfgang Thierse und die Sitzblockade – Solidarität gegen Nazis
Die Aktion des Bundestagsvizepräsidenten wurde von den politischen Lagern sehr unterschiedlich bewertet. Der Parlamentarische Geschäftsführer Stefan Müller (CSU) betonte: „Grundsätzlich gilt der Satz: Ein Parlamentarier kämpft mit Worten im Parlament und nicht auf der Strasse gegen die Polizei“. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt ging sogar so weit, von einem „öffentlich zelebrierten Rechtsbruch“ zu sprechen, und forderte als Konsequenz Thierses Rücktritt.
Lob für Thierses Courage von Grünen und Linken
Obwohl ihm sogar aus eigenen Reihen vorgeworfen wurde, er habe mit seiner Aktion Populismus betrieben, erntete Thierses Statement auch Lob und Anerkennung. Die Grünen-Bundestagsvorsitzende Claudia Roth kommetierte, Thierses Einsatz verdiene grossen Respekt. Die Sprecherin der Bundestags-Linksfraktion Ulla Jelpke bewertete Thierses Sitzblockade als „genau das richtige Signal„.
Der Bundestagsvizepräsident betonte selber, er habe keinerlei populistische Absichten im Sinn gehabt, und sei betroffen darüber, das ihm Mitglieder aus seiner eigenen Partei solche Vorwürfe machen würden. Er habe mit dem Blockieren der Nazis nur seine Pflicht als deutscher Staatsbürger ausgeübt. Er könne nicht andere zur Courage auffordern, und selber nicht couragiert handeln.
Bleibt die Frage, ob grundgesetzlich legitimierter ziviler Ungehorsam als Rechtsbruch ausgelegt werden kann. Diese Aufgabe wird wohl heute dem Ältestenrat zukommen.