Wie Kühlung weniger klimaschädlich sein kann
Berlin – Die Hitze ist in diesem Sommer heftig. Abkühlung gibt es in vielen Büros und auch in einigen Wohnungen auf Knopfdruck: Schon kommt aus der Klimaanlage eine kühle Brise. Angesichts von Hitzerekorden denken nicht wenige Menschen über den Kauf solcher Geräte nach.
Doch das Ganze hat einen Haken. Klimaanlagen brauchen viel Energie und können dadurch zum Ausstoß von Treibhausgasen beitragen. Das wiederum treibt die Klimaerwärmung an.
Zehn Prozent des globalen Stromverbrauchs sind Klimaanlagen
Wie viele Raumklimageräte in Deutschland wummern, darüber gibt es keine genauen Zahlen. Letztlich seien alle Daten Schätzungen, teilt dazu das Umweltbundesamt mit. Gestützt auf Verkaufszahlen der vergangenen Jahre könnte der Bestand bei insgesamt etwa 1,65 Millionen Geräten liegen. Die Ausstattungsquote der Hauhalte, so eine weitere Schätzung, liege bei etwa drei Prozent.
Das wird so nicht bleiben: Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit werden in absehbarer Zeit wohl immer mehr Klimaanlagen laufen.
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat ermittelt, dass zehn Prozent des globalen Stromverbrauchs aufs Konto von Klimageräten und Ventilatoren zur Kühlung der Raumluft gehen. Die Organisation schätzt, dass bis 2050 rund zwei Drittel aller Haushalte weltweit mit Klimaanlagen ausgestattet sein könnten. Nicht nur als Reaktion auf die Erderwärmung, sondern auch wegen des steigenden Wohlstands in warmen Gegenden der Welt.
Rasanter Anstieg der Haushalte mit Klimageräten
Die wachsende Zahl von Geräten in Wohn- und Bürogebäuden wird laut IEA in den kommenden drei Jahrzehnten einer der Haupttreiber des globalen Stromverbrauchs sein. Deutsche Haushalte, so das Ergebnis einer im Februar vorgelegten
Studie des Freiburger Öko-Instituts, könnten im Jahr 2050 drei bis sechs Prozent ihres Stroms für die Wohnraumkühlung verbrauchen.
Schon jetzt wird hierzulande durch den Energiebedarf von Klimaanlagen viel klimaschädliches CO2 produziert – in den Haushalten, in Handel, Gewerbe oder Industrie. Das Umweltbundesamt geht von jährlich fünf bis sechs Millionen Tonnen CO2-Emissionen aus.
Kältemittel schadet mehr als Kohlenstoffdioxid
Die Geräte heizen noch auf eine andere Weise dem Klima ein – schuld sind die teils verwendeten Kältemittel. Dabei handelt es sich überwiegend um teilfluorierte Kohlenwasserstoffe mit hohem Treibhauspotenzial, wie Daniel de Graaf erklärt, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Umweltbundesamt. Je nach Substanz wirken sich diese um ein Vielfaches stärker aufs Klima aus als Kohlendioxid.
«In der Summe muss man also von etwa 6,5 bis 7,5 Millionen Tonnen CO2-äquivalente Treibhausgas-Emissionen ausgehen, die durch die stationäre Klimatisierung in Deutschland im Jahr 2017 verursacht wurden», sagt de Graaf. Der Treibhausgas-Ausstoß beispielsweise von Klimaanlagen in Autos oder Bahnen käme noch hinzu.
Auf der Suche nach Alternativen
Aber wie könnte klimafreundlichere Kühlung aussehen? Zum einen können vorhandene Alternativen zu den fluorierten Kältemitteln verwendet werden. Einige dieser Mittel sind bereits verboten oder sollen in den kommenden Jahren vom Markt genommen werden. Der Einsatz energieeffizienter Geräte ist eine weitere Möglichkeit. Oder man setzt auf regenerative Energien wie eine Forschergruppe des Karlsruher Instituts für Technologie.
Diese untersucht im Rahmen des Projekts
«Geospeicher.bw» an mehreren Standorten in Baden-Württemberg, wie die Geothermie für die Gebäudekühlung genutzt werden kann. «Eine spezielle Nutzungsform ist die saisonale Speicherung überschüssiger Wärme und Kälte im Grundwasser, die sogenannte Aquiferspeicherung», erläutert der wissenschaftliche Mitarbeiter Paul Fleuchaus. Die Technik gibt es demnach bereits und wird vor allem in den Niederlanden eingesetzt, hierzulande dagegen kaum. Sie eigne sich insbesondere für Industrieanlagen, Gewächshäuser oder große öffentliche Gebäude.
Abkühlung und Erwärmung mit Grundwasser oder Ventilator
«Wichtigste Grundvoraussetzung ist, dass Grundwasser im Untergrund zur Verfügung steht», so Fleuchaus. Die Technik funktioniert grob gesagt so: Im Sommer wird über einen Entnahmebrunnen kaltes Grundwasser gefördert. Das kann dann indirekt – mittels eines Wärmetauschers – zum Kühlen des Gebäudes verwendet werden. Dadurch erwärmt sich das hochgepumpte Grundwasser.
Anschließend wird es an anderer Stelle wieder in den Boden gepumpt und dort gespeichert. Im Winter wird der Wasserkreislauf dann umgekehrt: Das erwärmte Wasser wird nach oben gepumpt und indirekt zum Heizen verwendet. Im Vergleich zu gängigen Klimaanlagen seien Energie- und CO2-Einsparungen von 50 bis 90 Prozent möglich. Technisch machbar sei das Prinzip auch für Wohnhäuser, so Fleuchaus. Das sei aber eine Kosten-Nutzen-Frage.
Auch jenseits neuester Technik lassen sich natürlich Gebäude kühlen. So ruft dass Umweltbundesamt altbekannte Methoden in Erinnerung: «Mit einer guten Dämmung und Verschattung von Gebäuden sowie dem richtigen Lüftungsverhalten kann auch weiterhin auf ein Klimagerät verzichtet werden», meint Fachmann Daniel de Graaf. «Oder man behilft sich an ganz heißen Tagen mit einem Ventilator, der einen Bruchteil des Stromes eines Klimageräts benötigt.»
Fotocredits: Dirk Waem
(dpa)