Wenn Eifersucht die Beziehung stört
Hamburg – Spontane Kinobesuche, Kuscheln auf dem Sofa, ungestörte Nächte – mit der Geburt eines Kindes sind solche Paarrituale erstmal passé. Die neue Lebenssituation ist für die meisten frischgebackenen Eltern eine echte Herausforderung.
Wie sehr ein Kind das Leben eines Paares verändert, merkt man erst, wenn es da ist. «Dabei kann es durchaus zu Eifersuchtsgefühlen kommen», sagt Gabriele Aigner, Familientherapeutin in München.
Und das beginnt schon in der Schwangerschaft: «Die werdende Mutter erlebt sich neu und ist sehr mit sich beschäftigt. Da kann sich der Partner zurückgesetzt fühlen.» Unternehmungen, die das Paar sonst sehr verbunden haben, sind jetzt weniger wichtig. Hinzu kommt: Nicht immer freut sich der Partner auf die Elternschaft.
Meistens sei den Männern aber bewusst, dass diese Gefühle sehr irrational und auch ungerecht sind. «Eifersucht kann ein Zeichen für die Unsicherheit sein, mit den Veränderungen umzugehen. Es ist wichtig, darüber zu reden», sagt Aigner.
Mit der Geburt des Kindes kann sich die Situation noch einmal zuspitzen: «Die Mutter ist allein durch die körperlichen Anforderungen sehr auf das Kind fixiert», erklärt Alexandra Costa, Psychologin in Hamburg. Dazu kommt ein weiteres Problem: Der Sex läuft in den ersten Wochen nach einer Geburt – wenn überhaupt – nur noch auf Sparflamme. «Bei 24-Stunden Babybetreuung sind die Frauen oft sehr erschöpft», sagt Manuela Rauer vom Deutschen Hebammenverband in Berlin.
Wie sehr ein Kind das gewohnte Paarleben auf den Kopf stellt, erlebt man sicher erst in allen Nuancen, wenn es soweit ist. «Geburtsvorbereitungskurse helfen Paaren aber, schon mal eine Ahnung zu bekommen», sagt Rauer. Welche Umstellungen kommen auf uns zu? Wie ändern sich unsere Rollen? «Männer, die sich im Vorfeld damit auseinandersetzen, kommen in der Regel besser mit der neuen Situation klar.» Wichtig ist dabei: Frauen sollten ihren Partner so oft wie möglich einbeziehen. Je mehr Zeit Väter mit ihrem Kind verbringen und je stärker sie das Gefühl haben, gebraucht zu werden, desto geringer sei die Gefahr von diffusen Eifersuchtsgefühlen.
Auch wenn es irgendwie blöd erscheint, eifersüchtig aufs Kind zu sein: «Man muss es ansprechen. Damit lässt sich dann vieles gut klären», erklärt Familientherapeutin Aigner. Wenn sich bei Müttern wirklich nur noch alles ums Kind dreht, hätten Partner durchaus das Recht, eine Grenze einzufordern: «Eine glückliche Familie braucht glückliche Eltern, deshalb ist es wichtig, für gemeinsame Paarzeit zu sorgen.» Mindestens einmal wöchentlich sollte das Paar eine Auszeit ohne Kind haben.
Doch auch bei älteren Kindern kann es passieren, dass ein Elternteil sich zurückgesetzt fühlt, etwa wenn es sich immer nur von der Mutter trösten lässt oder Geheimnisse mit dem Vater hat. «Dann muss man schauen, woran das liegt», sagt Costa. Ist der andere Elternteil vielleicht verständnisvoller oder hat in letzter Zeit einfach mehr Freizeit für das Kind gehabt? «Dann kann man gezielt versuchen, Defizite auszugleichen», rät Rauer. Der berufstätige Vater, der unter der Woche erst spät nach Hause kommt, kann etwa am Wochenende einen Vater-Sohn-Tag machen, um die Beziehung wieder zu stärken.
«Meistens ist es aber ganz normal, dass sich Kinder eine Zeit lang stärker zu einem Elternteil hingezogen fühlen», sagt Costa. Wichtig sei nur, dass nicht immer ein Elternteil negativ besetzte Rollen übernimmt, während der andere alles erlaubt.
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(dpa)