Was bedeutet die neue Indexordnung für Anleger?
Frankfurt/Main – Der Herbst wirft seine Schatten voraus – zumindest an der Börse: Am 24. September will die
Deutsche Börse die Dax-Familie neu ordnen.
Wichtige Neuerungen: Technologiewerte wie Telekom und SAP können nun auch in den
TecDax einziehen. Und
MDax und
SDax werden breiter aufgestellt. Was bedeutet das für Anleger? Wichtige Fragen und Antworten:
Was genau ändert sich im September?
Bisher galt an der Deutschen Börse der Grundsatz, dass ein Unternehmen nur in einem Aktienindex gelistet sein darf. Wer in den Dax und seine kleineren Geschwister MDax und SDax aufgenommen werden wollte, musste sich für einen Index entscheiden.
Die Trennung nach den Segmenten Tech und Classic wird nun aber aufgehoben, erklärt die Deutsche Börse. Das heißt: Unternehmen des Technologie-Segments können auch in den MDax oder SDax aufgenommen werden. Zum anderen können Technologie-Unternehmen aus dem Dax auch in den TecDax aufgenommen werden.
Außerdem werden der Index für mittlere Unternehmen, der MDax, und der Index für kleinere Unternehmen, der SDax, vergrößert. Im MDax steigt die Zahl der Werte von 50 auf 60 und im SDax von 50 auf 70. Im TecDax bleiben weiterhin 30 Unternehmen gelistet.
Was steckt dahinter?
«Die Indizes sollen interessanter werden», sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Düsseldorf. Mit der Erhöhung des MDax auf 60 Werte und des SDax auf 70 Werte sind diese nicht nur breiter aufgestellt. Firmen haben dann auch schneller die Chance, in einen der beiden Indizes zu kommen.
«Die Deutsche Börse nähert sich damit amerikanischen Gepflogenheiten an», erläutert Ralph Rickassel, Vermögensberater bei der PMP Vermögensmanagement. In den USA können Unternehmen jetzt schon gleichzeitig in mehreren Indizes gelistet sein. So sind etwa Apple, Amazon, Alphabet, Facebook und Microsoft im Technologie-Index Nasdaq Composite gelistet. Apple und Microsoft findet man aber auch im Dow Jones Index wieder sowie im S&P 500. Hier gesellen sich Facebook, Amazon und Alphabet wieder dazu.
«Nach Umsetzung der neuen Regularien wird es ähnliche Konstellationen in der deutschen Indexwelt geben», erklärt Rickassel. «Aller Voraussicht nach werden neben der Deutschen Telekom, die Aktien der Dax-Unternehmen SAP und Infineon sowohl im Dax als auch im TecDax gelistet sein.»
Wie werden sich die neuen Regeln auswirken?
Welche Wertentwicklung die Indizes nach der Änderung nehmen werden, kann zwar nicht vorhergesagt werden – aber in welche Richtung es gehen kann, schon. «Beim TecDax zum Beispiel wird die Volatilität, also die Schwankungsbreite, vermutlich abnehmen, weil die großen Werte ein wenig mehr Stabilität in den Index bringen», erklärt Kurz.
SDax und MDax hingegen werden nicht nur breiter aufgestellt. «Dort werden sich künftig auch mehr Wachstumswerte finden», sagt Kurz. Die Chancen auf Kurssteigerungen werden damit größer – allerdings auch das Risiko von Kursrückgängen.
Können Anleger sich jetzt schon ein Bild davon machen?
Ja, denn die Deutsche Börse hat sogenannte Schattenindizes auf ihrer Internetseite veröffentlicht, die die Indizes MDax, SDax und TecDax nach den neuen Regeln abbilden. Ihre Zusammensetzung basiert laut Deutscher Börse auf Daten der Mai-Rangliste, gibt aber noch keine Auskunft über die zukünftigen Zusammensetzungen der Indizes.
«Wenn Sie sich das anschauen, können Sie bei der Wertentwicklung aber jetzt schon Unterschiede zu den derzeitigen Indizes sehen», erklärt Kurz. So stieg innerhalb eines Monats (vom 10. Juli bis zum 10. August) der Schatten-TecDax um 3,59 Prozent, der herkömmliche, noch stärker auf Wachstumswerte ausgerichtete TecDax aber um 4,18 Prozent.
Der breitere Schatten-MDax entwickelte sich wiederum mit 2,35 Prozent besser als der aktuelle MDax, der nur um 1,61 Prozent zugelegte. Ähnlich beim SDax: Während der größere Schatten-SDax um 2,53 Prozent stieg, kletterte der eigentliche SDax nur um 1,25 Prozent.
Allerdings schränkt Kurz ein: «Der Beobachtungszeitraum ist mit einem Monat sehr kurz.» Ob sich diese Tendenzen auch in der Zukunft so fortsetzen, könne jetzt noch nicht gesagt werden.
Welche Vor- oder Nachteile hat diese Neustrukturierung für Anleger?
«Wer bevorzugt in aktive Fonds investiert, den wird die neue Regelung nicht berühren», erklärt Vermögensberater Rickassel. Denn Fondsmanager kaufen eher selten einen gesamten Index, sondern investieren in einzelne Titel, die sie für aussichtsreich halten.
Anders ist das bei ETFs, also den passiven Indexfonds. «Sie werden diese Änderungen nachvollziehen», erklärt Kurz. «Das heißt: Die ETFs, die einen Index physisch abbilden, müssen die entsprechenden Werte nachkaufen.» Das kann den Kurs der jeweiligen Unternehmen stützen. «Synthetische ETFs können die Änderungen auch über Tauschgeschäfte nachvollziehen.»
Wichtiger Punkt für Anleger: Wer den M- oder SDax favorisiert, muss mit einer höheren Beimischung von Technologieaktien rechnen, erläutert Rickassel. Sie sollten nun hinterfragen, ob das noch zu ihrer gewählten Anlagestrategie passt.
Literatur:
Brigitte Wallstabe-Watermann u.a.: Anlegen mit ETF, Stiftung Warentest 2018, 176 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-86851-295-3.
Fotocredits: Frank Rumpenhorst,PMP Vermögensberatung,DSW
(dpa/tmn)