Was Arbeitnehmer während der Warnstreiks wissen müssen
Berlin – Im öffentlichen Dienst wird heute in mehreren Bundesländern gestreikt. Arbeitnehmer haben da ein Problem: Wer betreut die Kinder, wenn die Kita oder Schule schließt? Und wie komme ich zur Arbeit, wenn keine Bahnen fahren?
So sind in Berlin Erzieher, Lehrer und Sozialarbeiter zu einem zweitägigem Ausstand aufgerufen, viele Kitas sollen geschlossen bleiben. Ganztägige Warnstreiks und zentrale Kundgebungen finden auch in Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern statt, wie die Gewerkschaft Verdi mitteilte.
Bestreikt werden unter anderem auch Verwaltungen, Straßenbaumeistereien, Bibliotheken, Unikliniken, Hochschulen und Studierendenwerke sowie Berufsschulen. In Baden-Württemberg werden vor allem die Psychiatrien des Landes bestreikt. Hintergrund der Streiks sind die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder.
Können sich Arbeitnehmer bezahlt freistellen lassen?
Ein Recht auf bezahlte Freistellung gibt es in solchen Fällen nicht automatisch. «Wenn Arbeitnehmer erfahren, dass die Kita zubleibt, müssen sie sofort klären, wie sie die Kinderbetreuung organisieren können», erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin.
Am besten sei es, den Arbeitgeber unverzüglich zu informieren und möglichst gemeinsam eine Lösung zu finden: Das kann zum Beispiel sein, einen Tag Urlaub zu nehmen, Überstunden abzubauen oder einen Tag im Homeoffice zu arbeiten. Vielleicht ist der Chef auch damit einverstanden, dass die Kinder mit zur Arbeit kommen. Ohne vorherige Absprache gehe das aber nicht.
Wenn der Arbeitgeber unkooperativ ist
Hat der Arbeitnehmer wirklich alles versucht, um die Betreuung seines Kindes sicherzustellen und zeigt sich der Arbeitgeber unkooperativ, können sich Angestellte auf Paragraf 616 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) berufen. Er besagt, dass Arbeitnehmer weiter Gehalt bekommen, wenn ihnen die Erfüllung ihrer Arbeitsleistung aus persönlichen Gründen nicht möglich sein sollte.
«Es darf aber kein eigenes Verschulden vorliegen», schränkt Bredereck ein. Über einen Zeitraum von maximal drei Tagen drohen dem Arbeitnehmer dann voraussichtlich keine Nachteile. «Es lohnt sich aber immer, das zunächst im Gespräch mit dem Arbeitgeber zu klären», empfiehlt Bredereck.
Wenn die Streiks schon lange feststehen
Ein wichtiger Punkt: Diese Regelung greift nur, wenn Streiks kurzfristig, zum Beispiel für den nächsten Tag, angekündigt wurden. Wenn schon längerfristig klar ist, dass die Kita oder Schule zubleiben wird, ist es «absolut Sache des Arbeitnehmers, sich zu organisieren». Das ist ebenso der Fall, wenn der Streik länger andauert.
Gleiches gilt, wenn aufgrund eines Streiks die Bahnen nicht fahren. Denn das sogenannte Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer: Wenn absehbar ist, dass es Probleme im Nahverkehr gibt, müssen Arbeitnehmer alle Möglichkeiten ausschöpfen, um pünktlich zu Arbeitsbeginn im Büro zu sein. «Wer zu spät kommt, bekommt für diese Zeit unter Umständen kein Geld», erklärt Bredereck. Wird der Arbeitgeber nicht rechtzeitig informiert, riskieren Arbeitnehmer auch eine Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung.
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(dpa/tmn)