Schwangere sind nicht vor Massenentlassungen sicher
Luxemburg – Schwangere Frauen sind nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht uneingeschränkt vor einer Kündigung sicher. Wenn ein Unternehmen Massenentlassungen vornehme, könnten diese auch Frauen treffen, die ein Kind erwarten, entschieden die Luxemburger Richter.
Voraussetzung sei nur, dass die Betroffenen über die Auswahlkriterien für die Entlassungen informiert würden. Ausgangspunkt für das Urteil war der Fall einer spanischen Bankmitarbeiterin, die in ihrer Heimat gegen ihre Entlassung klagt. Das zuständige Gericht in Spanien hatte sich an den EuGH gewandt, um sicherzustellen wie in dem konkreten Fall die EU-Richtlinie zum Kündigungsschutz für Schwangere auszulegen ist.
Die Richtlinie verbietet die Kündigung von Arbeitnehmerinnen in der Zeit vom Schwangerschaftsbeginn bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs. Davon ausgenommen sind allerdings «nicht mit ihrem Zustand in Zusammenhang stehende Ausnahmefälle», die entsprechend von nationalen Regeln zulässig sind.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bedauerte das Urteil, wies aber zugleich auf die Rechtslage in
Deutschland hin. «In Deutschland kann schwangeren Frauen auch in besonderen Ausnahmefällen gekündigt werden, aber die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde muss im Einzelfall zustimmen, und die Zustimmung muss dem Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung vorliegen», sagte die Leiterin der DGB-Rechtsabteilung, Helga Nielebock, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. In der Regel handelt es sich bei diesen Behörden um die Landesarbeitsministerien. «Das ist ein wirksamer Schutz», sagte Nielebock.
In Deutschland wird über den Kündigungsschutz bei
Massenentlassungenderzeit in Fachkreisen intensiv diskutiert. Am 19. und 20. April findet dazu ein Symposium des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt statt – ein Thema: die Auswirkungen der EuGH-Rechtssprechung auf deutsches Recht.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juni 2016 zugunsten einer Angestellten in Elternzeit entschieden. Sie hatte gegen eine Kündigung geklagt und erst in Karlsruhe einen Erfolg erzielt. Laut den Richtern hatte es gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes verstoßen, die Frau im Zusammenhang mit ihrer Elternzeit vom Massenentlassungsschutz auszuschließen. Nielebock kritisierte ferner Schutzlücken bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Hier laufe das Kündigungsverbot leer, sagte sie.
Fotocredits: Andrea Warnecke
(dpa)