Nokia: Kallasvuo spricht
Der Präsident von Nokia, Oli-Pekka Kallasvuo, hat sich in einem Interview zur geplanten Schließung des Bochumer Standortes geäußert.
Kallasvuo, 54 Jahre alt, hat bei Nokia eine beeindruckende Karriere hingelegt: Anfang der Achtziger stieg er als Justiziar in das Unternehmen ein, 1990 war er bereits Senior Vizepräsident der Finanzabteilung, 1992 Stellvertretender Vorsitzender. Seit 2005 ist er Präsident des finnischen Unternehmens.
In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ äußerte sich Kallasvuo zu den Plänen, das Bochumer Werk zu schließen. Er unterstreicht, dass der Standort nicht wettbewerbsfähig sei. Die Entscheidung sei „nach sehr sorgfältiger Prüfung“ gefallen. Während der durchschnittlicher Verkaufspreis eines Mobiltelefons in den vergangenen Jahren um rund 35 Prozent gesunken sei, seien die „Arbeitskosten in Deutschland um 20 Prozent gestiegen“. Die Produktion soll nach Ungarn, Finnland und Rumänien verlagert werden.
Von der Schließung des Werks werden voraussichtlich rund 2.000 Mitarbeiter und 800 Leiharbeiter betroffen sein; außerdem mehrere mit der Logistik betraute Unternehmen. Der finnische Handy-Produzent gab die Pläne zur Werksschließung am 15. Januar 2008 bekannt. Politik, Gewerkschaften und Presse kritisierten die Entscheidung – zumal Nokia in den Neunzigern Fördergelder der Europäischen Union erhalten habe. Das Bochumer Werk war, ehe es von Nokia 1988 übernommen wurde, eine der modernsten Fernsehfabriken Europas. Kallasvuo erklärt, Nokia habe „Zuschüsse für die Umrüstung der Fernsehproduktion in den Neunzigern erhalten. Danach nicht mehr“. Anders ausgedrückt: Bei den Zuschüssen handelte es sich um eine Aufwandsentschädigung. Das Unternehmen selbst habe, erklärte der Präsident, seit 1994 rund 600 Millionen Euro in den Standort investiert.
Mit Bad Homburg und Ulm bleiben zwei deutsche Standorte, an denen der finnische Konzern Mobiltelefone entwickeln lässt. Die Schließung des Bochumer Werks, soviel macht Kallasvuo klar, sei zwangsläufig. Dennoch protestieren die betroffenen Mitarbeiter weiter, wie zuletzt gestern:
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Trotz der negativen Reaktionen erklärt sich Kallasvuo bereit, „mit den Betroffenen [zu] diskutieren und wirklich nach Lösungen [zu] suchen“. Auch habe er durchaus Verständnis für die derzeitige Kritik. Allerdings warne er davor, Nokia an den Pranger zu stellen – schließlich gebe es derzeit kein anderes Unternehmen, das in Deutschland Handys produziere. „Der Verbraucher“, so Kallasvuo, „wird keine Chance haben, ein Handy „Made in Germany“ von einem anderen Hersteller zu kaufen“.