Jugendweihe 2010: ein Ritual freireligiöser Gemeinden
Jugendweihe ist eine Alternative zur Konfirmation der evangelischen und zur Firmung der katholischen Kirche. Die neue Form, den Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter zu feiern, wurde von freireligiösen Gemeinden entwickelt. In erster Linie sollte damit die Schulentlassung gebührend zelebriert werden, deshalb erhielt man sie im Alter von 14 Jahren.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts steht die Zeremonie weitgehend fest und weicht erheblich vom evangelischen oder katholischen Glauben und der Kirchendoktrin ab. Ein Jugendlehrer hält einen Vortrag über die freigeistige Weltanschauung, Erinnerungsblätter werden ausgeteilt sowie ein Gelöbnis und ein Gedenkbuch überreicht. Gesänge und Rezitationen umrahmen die Feierlichkeit.
Jugendweihe – Entwicklung
Die Weimarer Republik (1918-1933) war die Blütezeit der Jugendweihen, die mehrere Freidenkerbünde hervorbrachte. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurden diese Freidenker-Bewegungen jedoch untersagt, ein generelles Verbot gab es jedoch nicht.
Die Nationalsozialisten entwarfen ihre eigenen Feste in Form einer ‚Schulentlassungsfeier‚ sowie Aufnahmerituale in ‚Hitlerjugend‚ (HJ) und ‚Bund Deutscher Mädchen‚ (BDM).
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen freireligiöse Gemeinden die Jugendweihe wieder auf. Die Zeremonie entwickelte sich jedoch im Westen und Osten Deutschlands unterschiedlich.
Jugendweihe – West-Ost-Differenz nach dem Zweiten Weltkrieg
Im Westen setzte man die Tradition der Jugendweihe fort und arbeitete an einem moderneren Inhalt. Die Weihe stellte eine Aufnahmezeremonie in die freigeistigen Verbände dar. Als Buchpräsent wurde ‚Das Buch der Freiheit – Stimmen der Völker und Nationen aus vier Jahrtausenden‚ von Anna Siemens und Julius Zerfaß überreicht.
In der ehemaligen DDR nahm man die Tradition ebenfalls wieder auf, jedoch erreichte sie ihre ursprüngliche Bedeutung nicht mehr. Die Jugendweihe bekam schließlich eine staatspolitische Bedeutung. Als Buchpräsent wurde lange Zeit ‚Weltall Erde Mensch‚ überreicht. In den 80er Jahren bis zur Wiedervereinigung Deutschlands verwendete man das Buch ‚Vom Sinn unseres Lebens‚.
Jugendweihe – nach der Wiedervereinigung
Nach der Wiedervereinigung wurde durch ein Kultusministerdekret im Jahre 1993 festgelegt, dass Lehrer von staatlichen Schulen nun nicht mehr die Jugendweihe vorbereiten durften. Statt dessen obliegt die Organisation seitdem freireligiösen Gemeinden sowie freigeistigen, freidenkenden und humanistischen Verbänden.
Die Jugendweihen werden heute auch Jugendfeiern genannt. Seit der Jahrtausendwende stieg die Jugendweihe-Teilnahme der Jugendlichen aus den neuen Bundesländern um bis zu 40 Prozent an. Mit entsprechenden Einladungen zur Jugendweihe kann man von der Verwandtschaft bekommen, einen tieferen Sinn dürfte es kaum geben.