Guido Westerwelles Rhetorik ausgezeichnet?
Westerwelle wurde Vom Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) bereits am zehnten September zum besten politischen Redner ernannt. Ausgewertet wurden dafür Wahlkampfreden Westerwelles aus vier Monaten Bundestagswahlkampf.
Egal ob als Außen- oder als Superminister, Westerwelle wird künftig mehr als genug Gelegenheit haben, seine polierte Rhetorik auf den Bürger loszulassen.
Guido Westerwelle – originelle Bildersprache?
Der FDP-Vorsitzende setze sich bei der Juryentscheidung dabei unter anderem gegen SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier durch, dessen zum Teil „floskelhafte Sprache“ sein ansonsten kompetentes Auftreten schwäche. Kriterien waren neben Aufbau, Argumentation und Verständlichkeit der Rede selbst auch die Präsentation im Hinblick auf Körpersprache und Auftreten. Besonders gerühmt wurde Westerwelles originelle Bildersprache. wenn Westerwelle in einem Satz vom Bundesadler zum Pleitegeier springt, kann man das für originell halten. Man kann es allerdings auch als ein Beispiel für eine allzudeutlich durchkonstruierte Sprache sehen, die auf den rhetorischen Knalleffekt zielt und dabei auf jegliche Spontanität verzichtet.
Vom Spaßkandidat zum Vizekanzler
Wie auch immer man einzelnen Äußerungen Westerwelles, etwa seine Kritik am vermeintlich staatlich geförderten „Recht auf Faulheit“ auch bewerten mag, fest steht jedenfalls, dass er seit seinen Auftritten im Big-Brother-Container an seinem Prominenten-Image gefeilt hat, was sich nicht zuletzt an seinen Rednerqualitäten ablesen lässt. Das war zwar einerseits ein nötiger Seriösitätsgewinn, hat aber andererseits dazu geführt, dass die FDP mehr und mehr zur „Ein-Mann-Partei“ und Westerwelles Auftritte zur One-Man-Show geworden sind. Nach der Wahl wird sich die Zahl der öffentlichkeitswirksamen Medien-Auftritte für Westerwelle vervielfachen. Ob wir wollen oder nicht, von der bilderreichen und mühsam pointierten Rhetorik Westerwelles werden wir in Zukunft mehr zu sehen und zu hören bekommen.
In der „Elefantenrunde“ am Wahlsonntag begann sich diese bereits der neuen Rolle anzupassen. Trotz des Wahlerfolges, so wurde unermüdlich versichert, werde man auf dem Teppich bleiben. Eine Aura der Bodenständigkeit und das ständige Wiederholen von Schlüsselbegriffen wie Bürger, Vertrauen und Arbeit scheinen die rhetorische Antwort Westerwelles auf das von den linken Parteien erschaffene liberale Schreckgespenst zu sein.
Westerwelle liefert solides Rhetorikhandwerk
Bürgernähe und Zackigkeit will Westerwelle ausstrahlen, die rhetorischen Qualitäten dafür hat er sich mühsam antrainiert. Auch wenn Westerwelles Rhetorik der hochgekrempelten Ärmel manchmal wie der auswendig gelernte Vortrag des Klassenstrebers wirkt, gegen Steinmeiers trockenen, gestelzten Stil und Merkels pastorenhaftes Auftreten als „Kanzlerin aller Deutschen“ konnte der künftige Vizekanzler trotzdem punkten. In Zeiten der Krise, so scheint es, weiß der Wähler es schon zu schätzen, wenn man sein Handwerk beherrscht.