Gefährliche Mückenarten breiten sich in Deutschland aus
Müncheberg – Das aktuelle milde Wetter hat bereits die ein oder andere Mücke ins Freie gelockt. Explosionsartig werden die für den Menschen lästigen Insekten in absehbarer Zeit allerdings nicht auftreten. Dafür ist es derzeit zu trocken.
«Egal, wie viele oder wenige den Winter überleben – entscheidend sind die Witterungsverhältnisse im Frühling», sagt Mücken-Expertin Doreen Walther vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg (Brandenburg). Die blutsaugenden Insekten bräuchten feuchte Brutplätze, um ihre Eier ablegen zu können. Insofern gilt: Nasser Frühling, guter Start für die Mücken. Ist es hingegen eher trocken, verschiebt sich die Entwicklung in das spätere Jahr.
Arten, die der Trockenheit trotzen
Die monatelange Trockenheit des vergangenen Sommers habe vor allem Mückenarten in ihrer Vermehrung ausgebremst, die ihre Eier auf Überflutungsflächen etwa entlang von Flüssen ablegen, sagt die Expertin. Allerdings: «Die abgelegten Eier können dort auch Jahre überdauern – bis zum nächsten Hochwasser. Dann schlüpfen die Larven», erklärt Walther.
Den Hausmücken habe die Trockenheit nichts ausgemacht. «Sie brauchen Regentonnen im heimischen Garten oder auch Blumenvasen.» Die sogenannten invasiven, also nach Deutschland eingewanderten oder eingeschleppten Arten sind mit der Trockenheit des vergangenen Jahres laut der Mückenexpertin ebenfalls gut klar gekommen.
Während einheimische Arten tiefe Wasserflächen für die Eiablage brauchen, reichen Exoten kleine Gefäße mit äußerst geringem Wasserstand. Sie sind deshalb so gefährlich, weil sie prinzipiell Viren schwerer Tropen-Krankheiten wie West-Nil-, Chikungunya-, Dengue- oder auch Zika-Fieber auf den Menschen übertragen können.
Gefahr durch eingewanderte Mückenarten
«Drei dieser Arten haben sich bereits in Deutschland etabliert.» Dazu gehöre die Asiatische Tigermücke, von der es in Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen und auch in Hessen Populationen gebe. Die Japanische Buschmücke habe bis auf Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg und die nördlichen Bundesländer Deutschland bereits erobert. Hinzu kommt laut Walther die Art Aedes koreicus, für die es noch keine deutsche Bezeichnung gibt. Zunächst war sie im bayrischen Augsburg entdeckt worden, eine Population gibt es inzwischen in Wiesbaden (Hessen).
Ihre Erkenntnisse zieht Walther aus dem
Mückenatlas, in dem seit 2012 die Verbreitung von Mücken erfasst und kartiert wird. Grundlage dafür sind Einsendungen von Bürgern. Sie fangen, was bei ihnen zu Hause herumschwirrt und schicken es an das ZALF, wo die Art bestimmt und in den virtuellen Atlas eingetragen wird. Im vergangenen Jahr waren das knapp 3000 Einsendungen mit insgesamt fast 11.000 Mücken, darunter allein 34 Exemplare der Asiatischen Tigermücke, doppelt so viele wie noch 2017.
Noch keine Übetragung schwerer Virus-Erkrankungen
Bisher sei deutschlandweit noch kein Fall bekannt, bei dem eine schwere, lebensgefährliche Erkrankung auf einen Mückenstich zurückzuführen war, erklärt die Wissenschaftlerin. «Es hat noch nicht geknallt, aber die Wahrscheinlichkeit steigt. Je wärmer es in Deutschland wird, umso besser sind die Bedingungen dafür, dass sich die Viren in den Mücken vervielfältigen.» Sie bemängelt die mangelnden Präventivmaßnahmen gegen die gefährlichen Mückenarten.
In Südwest-Deutschland untersucht die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage (KABS) seit mehr als 20 Jahren unter anderem das Auftreten der Asiatischen Tigermücke und hilft bei deren Bekämpfung mit. Als wirksam erwiesen haben sich Eiweiße des Bakteriums Bacillus thuringiensis israelensis (BTI). Sie töten Mückenlarven ab.
Prophylaktisch Maßnahmen in betroffenen Gebieten
«Die BTI-Eiweiße werden in Wasser angerührt, mit Handspritzen ausgebracht oder als Sprudeltabletten aufgelöst und verteilt. Sie sind bis zu einen Monat wirksam», erklärt Norbert Becker, wissenschaftlicher KABS-Direktor. Die Mittel würden von den Kommunen finanziert und in Kooperation mit Gesundheitsämtern und Ordnungsbehörden an die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten verteilt.
«In ganz Deutschland kann allerdings nicht auf diese Weise prophylaktisch vorgegangen werden. Durch aktives Monitoring muss das Auftreten von Tigermücken erfasst und dann die Population gezielt bekämpft werden», sagt Becker.
In diesem Jahr seien die Mücken früh dran, sagt die Biologin Walther. Als Startmonate gelten in der Regel März und April. Was jetzt herum schwirrt, kann auch schon stechen. «Die ausgehungerten Weibchen gehen auf die Jagd, um noch mal Blut nachzutanken.» Das Blut bräuchten sie für die Eiablage. Ein Mückenweibchen könne immerhin 300 Eier auf einen Schlag ablegen.
Fotocredits: Patrick Pleul
(dpa)