Billiges Heizöl löst Kaufrausch bei Verbrauchern aus

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter April 8, 2020 04:28

Hamburg – Der drastische Preisrückgang bei Rohöl und Produkten wie Benzin und Heizöl entlastet die Verbraucher in Deutschland. Wie alle Wirtschaftsbereiche ist auch der Ölmarkt von den Folgen der Coronavirus-Epidemie betroffen, doch die erklärt nur einen Teil der heftigen Preisbewegungen. Denn auf dem Weltmarkt für Rohöl ist eine Rabattschlacht ausgebrochen.

Russland und das Ölförderkartell Opec ziehen nicht mehr an einem Strang, sondern haben sich verzankt. Nun hat Saudi-Arabien als wichtigstes Opec-Land seine Produktion hochgefahren und drückt große Mengen Rohöl in den Markt. Das wirkt preissenkend. Russland hält mit, es kommt zu einem Überangebot.

Nachfrage bricht ein

Auf der Nachfrageseite gab es schon zu Beginn des Jahres Sorgen um die Konjunktur – und dann kam das Coronavirus. China drosselte seine Industrieproduktion, viele andere Länder fuhren ihre Wirtschaftsleistung herunter. Autos blieben in der Garage, Flugzeuge am Boden. «Wegen der Coronavirus-Krise findet aktuell die stärkste Nachfragezerstörung seit der großen Finanz- und Wirtschaftskrise statt», kommentieren Experten der Commerzbank.

Viel Angebot und wenig Nachfrage haben einen beispiellosen Preisrutsch ausgelöst. Der Weltmarktpreis für Rohöl über alle Sorten hinweg reduzierte sich von knapp 69 Dollar pro Fass (159 Liter) Anfang Januar auf gerade noch 26 Dollar am Freitag, also um ungefähr zwei Drittel. Für die Nordsee-Sorte Brent, die auf dem europäischen Markt eine wichtige Rolle spielt, sieht es ähnlich aus: von 70 auf 27,40 Dollar. Das ist ein weit stärkerer Rückgang als bei anderen Rohstoffen oder am Aktienmarkt. Man muss sehr weit zurückblicken, um ähnliche Preise zu finden, ungefähr 17 Jahre.

Sinkende Preise bei Heizöl

Folglich sind auch alle Produkte für die Verbraucher günstiger geworden, die aus Rohöl gemacht sind. Der Preis für Heizöl reduzierte sich den Daten des Messgeräte-Herstellers Tecson zufolge von seinem Jahreshoch von 71,20 Euro in der ersten Januarwoche auf nunmehr 57,20 Euro im bundesweiten Durchschnitt (für 100 Liter beim Kauf von 3000 Litern, inkl. MwSt). Dabei ist der Preis zuletzt wieder angestiegen, zwischenzeitlich lag er noch um einige Euro niedriger. Auch sind große regionale Unterschiede von bis zu zehn Euro zu beobachten, vor allem zwischen Nord- und Süddeutschland.

Hintergrund ist die große Nachfrage nach Heizöl, die von den tiefen Preisen ausgelöst wurde, und vielleicht auch von der Coronavirus-Angst. «Der gesamte Handel bedauert es sehr, derzeit keine besseren Preise anbieten zu können», sagt der Heizöl-Makler Josef Weichslberger. «Das verhindern vor allem die weiterhin extrem hohe Nachfrage und die dadurch völlig ausgeschöpften Lager- und Lieferkapazitäten. Die Lieferzeiten liegen vielerorts bei zehn bis zwölf Wochen.» Das hält die Preise hoch. Tatsächlich kostet Heizöl ungefähr so viel wie auch schon bei einem Rohöl-Preis von 55 Dollar je Barrel. Da ist noch Luft nach unten.

Benzin wird billiger

Für Autofahrer wird es in Deutschland dagegen deutlich billiger. «Im Zuge des Ölpreisverfalls sind auch die Kraftstoffpreise stark gesunken» berichtet Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) in Berlin. Benzin (Super E5) kostet je Liter 18 Cent weniger und lag zuletzt im Bundesdurchschnitt bei rund 1,27 Euro. Diesel verbilligte sich durchschnittlich um 20 Cent auf 1,12 Euro je Liter. Dass die Preise nicht noch stärker zurückgegangen sind, liegt wesentlich am hohen Steueranteil von rund zwei Dritteln. Damit liegen die Benzinpreise ungefähr dort, wo sie angesichts des Rohölpreises auch hingehören.

Benzin zu hamstern ist laut ADAC übrigens überflüssig, weil die Versorgung gesichert ist. Und es sei auch verboten und gefährlich. Niemand darf mehr als 200 Liter Diesel oder 20 Liter Benzin in seiner Garage lagern.

Strompreise bleiben stabil

Auch die Großhandelspreise für Strom seien bereits deutlich gefallen, teilte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BdEW) mit. An der Strombörse seien die Preise für Lieferungen im April innerhalb einer Woche um fast 30 Prozent gesunken.

Der meiste in Deutschland verbrauchte Strom wird allerdings über längerfristige Verträge und damit zu festgeschriebenen Preisen verkauft. «Der Preisverfall am Spotmarkt hat zunächst keinen großen Einfluss auf den Strompreis für den Endverbraucher», sagte ein Sprecher des Strompreis-Vergleichsportals Verivox. «Im Gegenteil: Die Strompreise haben in Deutschland im März mit 30,14 Cent pro Kilowattstunde ein neues Rekordhoch erreicht.»

Es gebe allerdings günstige Anbieter, deren Tarife seit Anfang des Jahres um durchschnittlich drei Prozent gesunken seien. «Je kurzfristiger Versorger einkaufen, desto eher können sie das gesunkene Preisniveau auch an Verbraucher weitergeben», sagte der Verivox-Sprecher. Sie hätten jetzt wieder mehr Spielraum, «die sinkenden Preise im Großhandel weiterzugeben».

Fotocredits: Hauke-Christian Dittrich
(dpa)

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von Der Kurzreporter April 8, 2020 04:28