Arbeitsrecht: Altersdiskriminierung macht Kündigung unwirksam
Kündigungen und Kündigungsschutz sind einer der häufigsten Streitpunkte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie beschäftigen Fachanwälte für Arbeitsrecht, wie Arbeitsgerichte gleichermaßen. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 23.07.2015, 6 AZR 457/14) aus dem Juli diesen Jahres hat besondere Aufmerksamkeit erregt, da es hier um die Kündigung einer älteren Mitarbeiterin ging, die offenbar wegen ihres Alters entlassen wurde.
Bundesarbeitsgericht spricht wichtiges Urteil
Die Richter des Bundesarbeitsgerichts erklärten die Kündigung einer Arbeitnehmerin für nicht wirksam, da sie die Arbeitnehmerin wegen ihres Alters diskriminiere. Der Arbeitgeber, eine Gemeinschaftspraxis, hatte der 63-jährigen medizinisch-technischen Assistentin, die im Labor der Praxis tätig war, wegen Veränderungen im Laborbereich gekündigt. Zusätzlich stand im Kündigungsschreiben, dass die Mitarbeiterin „inzwischen pensionsberechtigt“ sei. In den beiden ersten Instanzen, dem Arbeitsgericht Leipzig und dem Landesarbeitsgericht Sachsen hatte der Arbeitgeber recht bekommen. Das Bundesarbeitsgericht gab nun der Klägerin recht und begründete dies damit, dass der Hinweis im Kündigungsschreiben, dass sie einen Anspruch auf die gesetzliche Altersrente hat, die Klägerin wegen ihres Alters diskriminiert und die Kündigung deshalb unwirksam sei.
Die Hamburger Rechtsanwältin Ina Marie Koplin von der kanzlei-koplin.de, ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und erläutert das Urteil des Bundesarbeitsgerichts wie folgt: „Die Kündigung wurde zwar auf betriebsbedingte Gründe gestützt (Entfall von Laborleistungen), der Arbeitgeber jedoch hat keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der ‚Pensionsberechtigung‘ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt.“
Der Arbeitgeber hatte angeführt, dass die Kündigung betriebsbedingt gewesen sei, da eine Umstrukturierung geplant war, nach der 70 bis 80 Prozent der bisherigen Laborarbeit wegfallen würde. Die Pensionsberechtigung wurde nur aus Gründen der Höflichkeit erwähnt. Das Bundesarbeitsgericht folgte dieser Argumentation nicht und verwies die Klage zurück an das Landesarbeitsgericht, um die Höhe des Entschädigungsanspruches feststellen zu lassen. Besonders interessant ist, dass die Gemeinschaftspraxis mit fünf Mitarbeiterinnen eigentlich ein Kleinbetrieb ist, für die laut §23 KSchG kein Kündigungsschutz greift. Hätte der Arbeitgeber ausschließlich aus betrieblichen Gründen gekündigt, hätte das Gericht die Kündigung vermutlich als wirksam angesehen.
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