Begehrt, aber gefährlich: Diamanten als Geldanlage
Antwerpen/Frankfurt/Main – Das Herz des europäischen Diamanten-Handels schlägt in Antwerpen in Belgien. Wie eine Festung ist das Antwerp World Diamond Centre oder kurz AWDC gesichert.
Die Straße ist mit Schranken versperrt, Kameras verfolgen Passanten auf Schritt und Tritt, beim Eintritt muss der Besucher seinen Personalausweis abgeben.
Der Grund ist einfach: «Sie müssen wissen, es gehen hier Diamanten im Wert von 220 Millionen US-Dollar durch, jeden Tag», sagt die Sprecherin des Diamantenzentrums, Karen Rentmeesters. Zunächst sind das Rohdiamanten, die die Händler einkaufen, zum Polieren häufig wieder verschicken und die schließlich als geschliffene Diamanten nochmals das Handelszentrum durchlaufen.
Ähnlich wie Gold sind Diamanten für Anleger immer dann interessant, wenn es an den Aktienmärkten bergab geht. Ein Vergleich des sogenannten Rapaport-Index für rund geschliffene, ein Karat schwere Diamanten zeigt einen deutlichen Preisanstieg in den Jahren 2008 und 2011, als der weltweite Aktienleitindex Dow Jones wie auch der deutsche Leitindex Dax in den Keller gingen – einmal wegen der Finanzkrise, einmal wegen der Sorgen um die Staatsschulden in Europa und den USA. Auch nach dem jüngsten Kursrutsch an den Börsen Anfang Februar ist der Diamanten-Index wieder leicht gestiegen.
Dabei sind die Diamanten-Preise viel stabiler als der schwankende Goldwert. «Edelsteine sichern, oder besser erhalten einen Wert», sagt Jörg Lindemann, Geschäftsführer der Diamant- und Edelsteinbörse in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz. In den vergangenen Jahren beobachtet er ein gesteigertes Interesse an Diamanten. Der Branchenkenner warnt allerdings: «Um in Diamanten zu investieren müssen sie unglaublich vertiefte Marktkenntnisse haben. Als Privatmann haben sie die nicht.»
Anders als Gold, bei dem sich der Preis schlicht nach dem Gewicht berechnet, ergibt sich der Wert eines Diamanten aus gleich vier Eigenschaften, den vier C’s: Carat für das Gewicht, Clarity (Reinheit), Colour (Farbe) und Cut (Schliff). Jeder Diamant ist einzigartig und daher schwer zu vergleichen.
Überwacht wird der Handel durch den Kimberley-Prozess, einem Zertifizierungssystem für die Herkunft von Rohdiamanten. Er soll vermeiden, dass Diamanten dazu genutzt werden, Kriege und Konflikte zu finanzieren. Das System funktioniere aber nicht zuverlässig, kritisiert Michael Gibb von der Nichtregierungsorganisation Global Witness. «Eine wichtige Frage ist, was meinen sie mit «konfliktfrei»?» Ausbeutung, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Umweltverschmutzung könnten so nicht verhindert werden.
Dabei müssen Diamanten nicht zwingend aus Minen kommen – schon seit den 1950er Jahren werden sie auch im Labor gezüchtet. Dem Physiker Matthias Schreck von der Universität Augsburg und seinem Team ist es im März 2017 gelungen, einen 155-Karäter mit 92 Millimeter Durchmesser herzustellen – das ist einer der bisher größten von Menschen gemachten Diamanten überhaupt. Allerdings sind derartige Diamanten weniger für Investoren und Liebhaber gedacht, sondern werden von der Industrie benötigt, zum Beispiel für Hochleistungselektronik, erklärt Schreck.
Künstliche Diamanten haben die gleichen Eigenschaften wie Naturdiamanten, sind aber im Schnitt 25 Prozent günstiger. Der Unterschied lässt sich nur im Labor feststellen. Die Echtheit von Diamanten bescheinigen aber Einrichtungen wie Hoge Raad voor Diamant (HRD) oder Gemological Institute of America (GIA).
Doch ein großes Problem bleibt: Wie kann ein Anleger sein Geld in Diamanten anlegen, ohne die Steine vor Ort selbst zu begutachten und zu kaufen? Die Singapore Diamond Investment Exchange ist nach eigenen Angaben die weltweit erste Plattform, die den elektronischen Handel mit Diamanten ermöglicht. Sie setzt dabei auf standardisierte Diamanten. Doch auch das ist am Ende Vertrauenssache.
Fotocredits: Andy Rain
(dpa/tmn)