Was Telefonmitschnitte mit Verbraucherschutz zu tun haben

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter Januar 3, 2018 07:18

Frankfurt/Main – Mehr Verbraucherschutz, mehr Transparenz – das Kürzel «Mifid II» steht nach Einschätzung von Aufsehern für eine kleine Revolution im Bankensektor. Die Kunden der Institute haben in den vergangenen Monaten viel Post dazu bekommen.

Was verbirgt sich hinter den Änderungen, die in Deutschland vom 3. Januar 2018 an gelten – und was bringen sie?

Was konkret ändert sich?

Wertpapierkäufer haben künftig Anspruch auf genaue Angaben zu den Kosten eines Finanzprodukts. «Es gibt einen Paradigmenwechsel im Anlegerschutz: Der Hersteller rückt stärker in den Fokus der Regulierung, er soll Verantwortung für das Produkt während der gesamten Laufzeit übernehmen», erklärt Elisabeth Roegele, Leiterin der Wertpapieraufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).

Gibt es weitere Neuerungen?

Zudem verlangen die neuen Vorgaben, dass eine Bank jedes Telefonat eines Kunden mit einem Wertpapierberater aufzeichnet und für mindestens fünf Jahre archiviert. Bei möglichen Rechtsstreitigkeiten soll sich so leichter nachvollziehen lassen ob ausreichend über Risiken aufgeklärt wurde. Die Pflicht zur Aufzeichnung – im Fachjargon «Taping» genannt – gilt auch für das Gespräch in der Filiale, dort kann der Berater aber auch einen schriftlichen Vermerk anfertigen. In der Branche gibt es Sorgen, dass die Pflicht zur Aufzeichnung das Vertrauensverhältnis zum Kunden bei sensiblen Bankgeschäften stören könnte.

Gibt es nicht schon ein Beratungsprotokoll?

In der Tat: Seit 2010 müssen Geldinstitute jedes Beratungsgespräch zu Wertpapieren dokumentieren. Laut Gesetz muss das Protokoll Anlass und Dauer des Beratungsgespräches enthalten sowie die relevanten Informationen über die persönliche Situation des Kunden. Angegeben werden müssen auch die Finanzinstrumente und Wertpapierdienstleistungen, um die es im Gespräch ging, die Wünsche und Anlageziele des Kunden und die Produktempfehlungen des Beraters. Berater und Kunde müssen das Protokoll unterschreiben. Wird der Gesprächsverlauf auf diese Weise festgehalten, soll das Bankkunden vor Fehlberatung schützen und im Streitfall die Position des Kunden stärken, sollte ein Fall doch vor Gericht landen. Anhand der Protokolle sollen geschädigte Anleger nachweisen können, wie die Beratung gelaufen ist und was im Zweifel falsch lief.

Was wird aus dem Beratungsprotokoll?

Das Beratungsprotokoll – von der Branche immer wieder als «Bürokratiemonster» gescholten – wird ersetzt durch eine «Geeignetheitserklärung». Darin hält der Berater fest, warum er einem Kunden ein bestimmtes Produkt empfohlen hat und warum die Bank das angesichts des persönlichen Risikoappetits und der Kapitalmarkterfahrung des Kunden für geeignet hält.

Was ist der Hintergrund der Reform?

«Mifid II» ist die Kurzbezeichnung für eine EU-Richtlinie («Markets in Financial Instruments Directive»). Diese wird nun in deutsches Recht umgesetzt. Hauptziele sind Anlegerschutz und mehr Transparenz in den Märkten. Als Lehre aus der jüngsten Finanzkrise 2007/2008 soll etwa der Turbohandel an der Börse stärker überwacht werden. Auch soll verhindert werden, dass Anlegern riskante Produkte verkauft werden, ohne sie ausreichend über Risiken aufzuklären – Stichwort: Lehman-Zertifikate.

Was versprechen sich Aufseher von den Neuregelungen?

«Für den Kunden wird in der konkreten Beratungssituation künftig einiges besser», sagt Aufseherin Roegele. «Die Kosten einer Geldanlage werden beispielsweise für ihn deutlich transparenter. Wichtig ist, dass er in der konkreten Beratungssituation künftig eine höhere Kostentransparenz hat.»

Wie groß ist der Aufwand für die Branche?

Der
Privatbankenverband BdB rechnet nach früheren Angaben wegen der Neuregelungen mit einmaligen Umstellungskosten von einer Milliarde Euro für die deutschen Banken. Ein Kostenfaktor: Die Technik zur telefonischen Aufzeichnung von Beratungsgesprächen muss in jeder Filiale vorhanden sein, zudem muss die Archivierung des Datenmaterials sichergestellt werden.

Klappt das alles gleich ab Januar – und was passiert, falls nicht?

Im Herbst hatte sich die Finanzaufsicht Bafin zuversichtlich geäußert: Das Ganze sei zwar eine «große Kraftanstrengung» für die Branche, sagte Aufseherin Roegele. Aber insgesamt sei «Deutschland auf gutem Wege, was die «Mifid II»-Umsetzung angeht». Sollte es nach dem Jahreswechsel hier und da doch noch haken, trete die Behörde für eine Aufsicht mit Augenmaß ein, versicherte Roegele: «Wir erwarten, dass die Institute nachhaltig und hart an der Umsetzung arbeiten. Wir schauen sehr genau darauf, welche Prozesse für die Umetzung implementiert werden, ob diese zeitnah umgesetzt werden und was gegebenenfalls die Ursachen für eine Verzögerung sind.»

Fotocredits: Jens Kalaene
(dpa)

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter Januar 3, 2018 07:18