Wann sich ein Schlichtungsverfahren lohnt
Berlin – Extra für den Urlaub war ein geräumiger Koffer gekauft worden. Doch nach dem Rückflug trauten die Besitzer kaum ihren Augen: Das hochwertige Reiseutensil, das am Flughafen übers Gepäckband rollte, war völlig zerbeult. Mit der Fluggesellschaft gab es aber keine Einigung.
Wer in einem solchen Fall nicht vor Gericht ziehen will, kann eine Verbraucherschlichtungsstelle einschalten. Im vorliegenden Fall ist die söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr in Berlin die richtige Anlaufstelle. Sie schlichtet bei allen Streitigkeiten, die sich bei Reisen mit Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff zwischen Verkehrsunternehmen und Reisenden ergeben.
Neben der söp gibt es in Deutschland 21 weitere
Verbraucherschlichtungsstellen. Darauf weist eine Sprecherin des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in Berlin hin. Zu dem Kreis zählt etwa die Schlichtungsstelle Energie, der Versicherungsombudsmann oder die Verbraucherschlichtungsstelle Telekommunikation der Bundesnetzagentur.
Liegen Kunden mit einem Unternehmen im Clinch und zeichnet sich keine Lösung ab, sollten sie in der Liste des Bundesjustizministeriums schauen, ob es für die betreffende Branche eine Schlichtungsstelle gibt. Ist dies nicht der Fall, müssen sie nicht aufgeben. Sie können sich dann an die
Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung mit Sitz in Kehl wenden.
«Bei uns werden Verbraucher-Beschwerden aus allen anderen Branchen bearbeitet», sagt Felix Braun, Vorstand des Zentrums für Schlichtung. Das sind zum Beispiel Unstimmigkeiten mit Unternehmen beim Möbel-, Elektronikgeräte- oder Kfz-Kauf. «Häufig geht es auch um Gewährleistungsfragen oder etwa einen fristgerechten Widerruf bei Online-Bestelunngen», berichtet Braun.
Verbraucher, die sich mit einer Streitigkeit an die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle wenden, müssen in der Europäischen Union wohnen. Zudem muss das Unternehmen, mit dem sich der Verbraucher uneins ist, seinen Sitz in Deutschland haben. Trifft dies alles zu und ist keine branchenspezifische Schlichtungsstelle für den Fall zuständig, kann es losgehen mit dem Antragstellen. Der Streitwert darf nicht unter 10 Euro und nicht über 50 000 Euro liegen.
Am einfachsten ist das Online-Verfahren. Dem Nutzer wird mit einer Checkliste vorgegeben, wie er den Antrag ausfüllen muss. Der Antrag auf Schlichtung kann auch per Post, per Mail oder per Fax eingereicht werden. Auf den gleichen Wegen kann bei den branchenspezifischen Schlichtungsstellen ein Antrag gestellt werden.
Das Verfahren bietet dem Verbraucher Vorteile: Es ist für ihn in der Regel kostenlos, und meist wird innerhalb von zwei Monaten eine Lösung gefunden. Die jeweilige Schlichtungsstelle prüft den Fall und erarbeitet eine Empfehlung. Dies ist auch in Fällen möglich, in denen es keine eindeutigen Beweise gibt. «Ein Beispiel wäre eine Entschädigung für abhanden gekommenes Gepäck», erklärt söp-Geschäftsführer Heinz Klewe.
Wichtig ist: Bevor ein Verbraucher eine Schlichtungsstelle einschaltet, muss er sich in einem ersten Schritt an das Unternehmen wenden und versuchen, den strittigen Sachverhalt zu klären. «Genauso wie jeder Handwerker die Möglichkeit der Nachbesserung hat, wenn etwas nicht wie vorgesehen geklappt hat, sollten Unternehmen die Chance bekommen, nachbessern zu können», betont Klewe.
Fotocredits: Monique Wüstenhagen,Zentrum für Schlichtung,söp e.V.
(dpa/tmn)