Treueherzen und Payback-Punkte: Deutsche sammeln und sammeln
Düsseldorf – Egal ob Treueherzen für ein neues Messerset, Sammelbilder zur Fußball-Europameisterschaft oder ganz nüchtern Payback-Punkte: Die Deutschen sind begeisterte Bonusjäger.
Nach einer aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen nutzen fast drei Viertel der Bundesbürger Treueprogramme des Einzelhandels. Damit liegen sie deutlich über dem europäischen Durchschnitt.
Für den Marketingexperten Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU kommt das nicht überraschend: «Wir sind in unserem Herzen immer noch Jäger und Sammler», erklärt der Marketing-Experte den anhaltenden Erfolg.
Die Sammelleidenschaft der deutschen Konsumenten ist der Nielsen-Studie zufolge so groß, dass sie im Zweifel Händler bevorzugen, die mit Treueaktionen locken. Kein Wunder also, dass beim Bezahlen im Laden Fragen wie «Haben Sie eine Payback-Karte?» oder «Sammeln Sie unsere Treuepunkte?» inzwischen fast so selbstverständlich sind wie das Kassieren.
Am liebsten sind den Deutschen bei der Bonusjagd Nielsen zufolge direkte finanzielle Vorteile in Form von Preisnachlässen oder einer Auszahlung gesammelter Punkte. Davon profitieren nicht zuletzt Rabattsysteme wie Payback mit 28 Millionen ausgegebenen Karten und die Deutschlandcard, die auf über 20 Millionen Teilnehmer kommt. Verbraucherschützer kritisieren allerdings immer wieder, dass durch die Nutzung der Karte und die damit verbundene Datensammlung der Weg zum gläsernen Kunden beschritten werde. Der Kunde gebe viel über sich preis, der gewährte Rabatt sei dagegen oft mager.
Daneben behaupten sich nach wie vor die klassischen Treuepunkt- und Sammelbild-Aktionen. Sie sind sogar eher noch häufiger geworden in den letzten Jahren. Denn inzwischen finden sie sich sogar bei Discountern, die über Jahrzehnten hinweg auf solche Kundenbindungsaktionen verzichteten.
Jörg Croseck organisiert als Deutschland-Chef der auf Kundenbindungsprogramme spezialisierten Agentur TCC derartige Angebote für viele Handelsketten. Für ihn liegen die Vorteile der Treuepunkt- und Sammelbildchen-Aktionen auf der Hand: Sie sprechen den Kunden stärker emotional an als die nüchternen Rabattkarten. Vor allem Angebote aus dem Haushaltsbereich – Gläser, Besteck oder Backformen – funktionierten immer, verrät er.
Besonders beliebt bei den Kunden sind vor allem Gratis-Produkte, die als Dankeschön für treuen Einkauf überreicht werden. Die noch immer weit verbreiteten Aktionen, bei denen die Verbraucher für Kochtöpfe oder Messersets am Ende neben den Punkten auch noch einen Aufpreis zahlen müssen, kommen dagegen inzwischen Nielsen zufolge bei mehr als der Hälfte der Verbraucher gar nicht mehr gut an.
Verständlich, findet Croseck. «Ein Dankeschön, bei dem ich auch noch Geld bezahlen muss, ist kein Dankeschön», meint der Marketingexperte. Für ihn sind dies oft eher verkappte Verkaufsaktionen. Noch sei Deutschland schwerpunktmäßig ein Markt mit Zuzahlaktionen. Doch der Trend gehe deutlich in eine andere Richtung, prognostiziert er. «Kampagnen, wo die Prämien gratis oder fast gratis sind, funktionieren um ein Vielfaches besser.»
Für den WHU-Marketingexperten Fassnacht steht fest, dass die Treuepunkte auch in der Internet-Ära noch eine Zukunft haben. «Das Sammeln von Punkten beim Einkaufen, die anschließend für Kochtöpfe oder irgendetwas anderes eingelöst werden können, spricht auch im digitalen Zeitalter noch eine tief in uns verwurzelte emotionale Komponente an.» Rationale Rabattsysteme wie Payback, bei denen es primär ums Sparen gehe, könnten solche emotionalen Kundenbindungsmaßnahmen nicht ersetzen.
Fotocredits: Roland Weihrauch
(dpa)