Das Hausarztmodell in der Schweiz – für Deutschland undenkbar?
Früher hatte der Hochadel einen eigenen Haus- und Hofarzt, der sich speziell um die persönlichen Bedürfnisse kümmerte und der erste Ansprechpartner bei jeder Art von Problem war. Eine modernisierte Form des Hausarztes hat gerade in der Schweiz Hochkonjunktur. Das Hausarztmodell sieht vor, dass jedem Patient ein Hausarzt zugeordnet ist, der im Krankheitsfall zuerst konsultiert wird. Doch wie sieht dieses Modell im Detail aus? Und wäre es auch auf Deutschland übertragbar?
Das Schweizer Modell: die persönliche Betreuung steht an erster Stelle
Das Grundprinzip des Hausarztmodells ist folgendes: Patienten verpflichten sich gegenüber ihrer Krankenkasse bei jeder Beschwerde zunächst den zugeordneten und zuvor ausgewählten Hausarzt zu konsultieren. Davon ausgenommen sind Notfälle, jährliche gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen sowie Kontrollen beim Augenarzt. Der Hausarzt kann jedoch nur beschränkt frei gewählt werden: einige Krankenkassen führen Listen genehmigter Ärzte, andere begrenzen das Einzugsgebiet. Der schlussendlich gewählte Hausarzt ist dann für jegliche medizinische Versorgung beziehungsweise die Überweisung zu einem geeigneten Spezialisten verantwortlich. So stellt der Hausarzt in diesem Modell stets die erste Anlaufstalle für die Krankenkasse dar (weitere Infos dazu auch auf krankenkasse.ch).
Kosteneinsparungen im Prinzip – gescheiterte Umsetzung in der Realität
Mithilfe des Hausarztmodells sollen Kosten eingespart werden: indem die Patienten zunächst den Hausarzt aufsuchen und dieser gegebenenfalls im Anschluss gezielt an einen geeigneten Spezialisten überweist, werden „falsche“, unnötige Arztbesuche vermieden. Die Einsparungen im Vergleich mit der Standard-Grundversicherung der Krankenkassen sind beträchtlich, was auch erklärt, warum die Versicherungsprodukte der Hausarztmodelle stets günstiger als vergleichbare Modelle aus dem Standardangebot sind.
In Deutschland könnte eine vergleichbare Lösung sinnvoll sein, die Umsetzung scheitert momentan jedoch an den Krankenkassen. Bisher mussten die Krankenkassen Hausarztverträge abschließen, was laut dem aktuellen Koalitionsvertrag von Union und SPD auch beibehalten werden soll. Die Krankenkassen protestieren dagegen jedoch stark. Ausschlaggebend ist hierfür, dass die Verträge im Hausarztmodell eine deutlich höhere Bezahlung der Ärzte vorsehen. Das kommt den Krankenkassen ihrer Meinung nach auf Dauer teuer zu stehen. Eine Lösung des Konflikts ist bisher noch nicht in Sicht.
Das Hausarztmodell – zu teuer?
In der Schweiz gehört es zum festen Bestandteil des Gesundheitssystems: ein fester Hausarzt, der für den Patienten stets die erste Anlaufstelle in allen Gesundheitsfragen ist. Diagnosen und Überweisungen zu Spezialisten laufen stets über ihn. In Deutschland besteht dieses Modell bereits als Option für Versicherte und soll so auch weiterhin bestehen. Die deutschen Krankenkassen sind damit jedoch nicht einverstanden – sie fürchten zu hohe Kosten aufgrund von höheren Arzthonoraren.
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