Warum Bank-Analytics praktisch sind

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter April 8, 2020 04:08

Frankfurt/Bremen – Mal ehrlich: Wer weiß schon genau, wie viel Geld jeden Monat für Einkäufe, Unterhaltung, Apps und Kleinkram vom Konto abgeht? Die meisten wahrscheinlich nicht, denn die wenigsten dürften ein Haushaltsbuch führen.

Wäre doch toll, wenn man eine Analyse seiner Ausgaben automatisch und hübsch aufbereitet bekäme. Die gute Nachricht: Bei manchen Banken geht das schon.

Beim Fintech Revolut und der Direktbank ING heißt die Funktion schlicht Analyse, bei der Deutschen Bank Finanzplaner, die Comdirect nennt es Finanzmanager und bei N26 Automatische Kategorisierung. Allen Diensten gemein: Sie analysieren alle Transaktionen und kategorisieren sie.

Noch sind solche Angebote ganz am Anfang, sagt Jürgen von der Lehr, Leiter Banking und Zahlungsverkehr bei der Direktbank ING. Bislang habe die ING selbst wenig von dem Angebot, für das Software von außerhalb eingekauft wurde. Jürgen von der Lehr sieht es als Angebot zur Kundenbindung. Das Hauptziel sei: «Transparenz», sagt von der Lehr. «Wofür gebe ich mein Geld aus.»

Teils ist der computergestützte Blick auf die Finanzen nur im Browser verfügbar. Teils geben Banken auch in der Smartphone-App Auskunft. «Im Prinzip ist es die Digitalisierung des analogen Haushaltsbuchs», sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen.

Mehr Überblick dank Clusterung

Sie sieht Vorteile des noch recht neuen Service: So ließen sich auf die Art etwa Einsparpotenziale aufdecken und einfach sehen, wie Einnahmen und Ausgaben zusammenhängen oder ob langfristig Löcher in den eigenen Finanzen drohen.

«Ich finde, das führt zu einer besseren Ausgangslage für die Finanzplanung», sagt auch Julian Grigo vom Branchenverband Bitkom. Die Übersicht über Kontenbewegungen hatten Kunden ja schon vorher. Nun würden die Daten nach Kategorien geclustert und ließen sich so leichter überblicken.

Bislang eine Schwäche: dass Kunden zwar falsch angelegte Kategorien noch korrigieren können. Aber sobald sie Bar zahlen, gibt es keine Daten – und Barabhebungen können sie bislang nicht händisch nachtragen. Wer den kompletten Überblick will, muss weiter Kassenbons sammeln – und die Summen etwa in einer Haushaltsbuch-App eintragen.

Neben dem reinen Überblick können Kunden bei manchen Banken feste Budgetgrenzen setzen – etwa 200 Euro im Monat für Restaurantbesuche oder 75 Euro für Unterhaltung. Bei Überschreitung gibt es dann eine Warnung – und man kann sehen, wo man sparen muss.

Außer den Spartipps gebe es bislang wenig Funktionen: «Richtig nützlich würde es erst werden, wenn aus den gewonnenen Daten kluge Empfehlungen im Sinne des Verbrauchers würden», sagt Oelmann. Etwa Hinweise auf zu hohe Ausgaben für Strom oder Mobilfunk – verbunden mit Wechselvorschlägen. Nicht nützlich wäre: Wenn Verbrauchern aufgrund der Kontobewegungen Kredite angeboten würden oder personalisierte Werbung entstünde.

Genau diese beiden Fälle soll es bei der ING nicht geben, sagt Jürgen von der Lehr. «Ganz wichtig ist, dass da keine Daten das Haus verlassen und Analysen nur auf Wunsch des Kunden geschehen.» Dann wären Hinweise denkbar, dass man etwa gewisse Dienstleistungen woanders günstiger bekommt. Oder dass die Bank – ähnlich wie es spezialisierte Dienste – für Kunden Versorgerverträge verwalten kann.

Julian Grigo vom Bitkom sieht solche datenbasierten Services noch am Anfang. Er erhofft sich künftig noch bessere Produkte – von Banken, aber auch von Drittanbietern. Vergleichsportale könnten zum Beispiel mit Erlaubnis der Kontoinhaber einen Blick auf die Zahlen werfen und etwa einen Stromanbieterwechsel einleiten. Unabhängige Kreditberater könnten im Auftrag der Kunden nach besseren Konditionen suchen. «Es ist der Einstieg für Banken, mehr als nur ein reiner Gelddienstleister zu sein», sagt Grigo.

An den Datenschutz denken

Wichtig dabei: Trotz schöner Finanzdaten nicht den Datenschutz vergessen. Besonders bei Nicht-Banken, rät Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen. Bei der eigenen Bank sei der Datenschutz soweit gesichert, sie kenne eh die Umsätze. Bei Drittanbietern rät sie, ganz genau zu lesen, was mit den erhobenen Daten passiert. Denn: «Die bei solchen Analytics erhobenen Daten sind höchst sensibel und sehr wertvoll. Etwa für die Werbeindustrie oder Kreditbewertungen.»

Fotocredits: Franziska Gabbert,Franziska Gabbert,Verbraucherzentrale Bremen,Franziska Gabbert
(dpa/tmn)

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter April 8, 2020 04:08