Bewertungen beim Onlineshopping nicht blind vertrauen
Berlin – Fünf Google-Bewertungen für 50 Euro oder 100 Bewertungen für 500 Euro. Oder zehn Bewertungen bei Amazon für knapp 200 Euro, angeblich garantiert geschrieben von realen Produkttestern.
So offen werben spezialisierte Anbieter für ihre Dienstleistungen und versprechen, bei Suchmaschinen, Bewertungsportalen oder App-Stores Firmen Vorteile zu verschaffen – und damit Verbraucher zu täuschen.
Wohlwollende Bewertungen im Internet
Denn keine dieser Rezensionen basiert auf realen Käufen oder einer wirklichen Kundenbeziehung: Die Auftraggeber zahlen Geld dafür, um wohlwollende Bewertungen im Internet zu bekommen.
Illegal ist das nicht, aber der
IT-Verband Bitkom sieht das sehr kritisch: Vom Kauf von guten Bewertungen könne man Unternehmen nur abraten, betont Rebekka Weiß. «Nicht nur, weil man damit seine potenziellen Kunden betrügt, sondern auch weil Portale hart durchgreifen, wenn sie solche Fake-Bewertungen entdecken». Weiß ist beim Bitkom für den Bereich Vertrauen und Sicherheit zuständig.
Industrie rund um gefälschte Bewertungen
Im Netz ist eine echte Industrie rund um gefälschte Bewertungen entstanden: Denn es geht um bares Geld. Für Verbraucher sind die Bewertungen anderer eine wichtige Kaufhilfe. Das hat eine Umfrage von Bitkom Research aus dem vergangenen Jahr gezeigt: 63 Prozent gaben dort an, Online-Bewertungen vor dem Produktkauf zu nutzen.
Beim Lesen von Bewertungen im Netz ist also Skepsis angebracht. Immerhin scheinen das die Verbraucher größtenteils verinnerlicht zu haben. Darauf lässt zumindest eine Befragung der
Marktwächter Digitale Welt der Verbraucherzentrale Bayern aus dem Jahr 2017 schließen: Nur 2 Prozent der Befragten vertrauten Bewertungen im Netz «voll und ganz», 22 Prozent zumindest «eher». Die Mehrheit der Verbraucher erklärte, eigene Erfahrungen mit anderen zu teilen.
Welchen Bewertungen vertrauen?
Doch wie finden Verbraucher heraus, ob sie Bewertungen vertrauen können? Sie können auf bestimmte Punkte achten, wie Tatjana Halm von der
Verbraucherzentrale Bayern erklärt:
– Das Bewertungssystem: Handelt es sich um verifizierte Käufe – hat der Bewerter das Produkt also tatsächlich erworben – oder kann jeder schreiben? Und: Wie kontrollieren die Portale eingehende Bewertungen?
– Die Sprache: Formulierungen, die wie Werbung klingen, sehr lange oder ausführliche Rezensionen, aber auch sehr kurze und begeisterte Bewertungen können Fälschungen sein.
– Der Name: Hat dieser Rezensent weitere Bewertungen verfasst? Auffällig kann sein, wenn er sie für sehr unterschiedliche Produkte, etwa Nähgarn und Spielekonsolen, geschrieben hat. Oder für genau die gleichen Produkte, beispielsweise mehrere Drucker. Bewertet jemand Dienstleistungen an weit voneinander entfernten Orten, etwa einen Münchner Arzt und einen Hamburger Friseur, sollte man stutzen.
– Die Noten: Durchgehend herausragende Bewertungen für ein Produkt sind unglaubwürdig. Ebenso sind viele Bewertungen in kurzer Zeit ein Alarmsignal. Inhaltlich ist etwa eine positive Aussage über die Haltbarkeit kurze Zeit nach dem Kauf nicht glaubwürdig.
– Achtung bei sogenannten Affiliate-Links: Info- oder Testportale setzen Links auf Produkte und verdienen bei jedem Klick mit. Es lohnt sich, das Produkt auf anderen Shop-Seiten zu suchen.
– Auch schlechte Bewertungen lesen: «Um sich ein breiteres Bild des Angebots machen zu können, sollten auch die Negativberichte gesichtet werden», rät Halm.
Und auch wenn sie echt sind, sollte man Nutzer-Bewertungen nicht blind vertrauen, raten Verbraucherschützer. Schließlich sind diese nicht von professionellen Testern verfasst, sondern bestenfalls von interessierten Laien.
Fotocredits: Andrea Warnecke,Robert Günther,Marcus Schlaf,Christin Klose,Andrea Warnecke
(dpa/tmn)