Was bei Schenkung zu Lebzeiten zählt
München – Immobilien, wertvolle Kunstgegenstände, Gemälde oder Bargeld – im Laufe des Lebens häufen manche einige Besitztümer an. Mit zunehmendem Alter stehen viele vor der Frage, ob sie Teile des Vermögens schon zu Lebzeiten an Angehörige übertragen sollen.
Dafür spricht, dass sich mit Schenkungen hohe Vermögenswerte steuerfrei übertragen lassen. Grundsätzlich können Familienangehörige zwar einen gewissen Freibetrag steuerfrei erben – dieser liegt derzeit bei 400.000 Euro für Kinder und 500.000 Euro für Ehepartner. Der Vorteil einer Schenkung zu Lebzeiten: Der Beschenkte kann den Freibetrag alle zehn Jahre neu ausschöpfen.
Doch Vorsicht: Wer zu Lebzeiten Vermögen an Familienmitglieder verschenken will – juristisch ist von vorweggenommener Erbfolge die Rede – sollte sich dabei nicht allein von steuerlichen Gründen leiten lassen, sagt Anton Steiner. Der Münchner Fachanwalt für Erbrecht ist Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht.
Rückforderungsvorbehalt festhalten
Grundsätzlich gilt «Weg ist weg!», zumindest wenn man keinen rechtlich wirksamen Rückforderungsvorbehalt vereinbart hat. «Einen solchen Vorbehalt sollten beide Seiten, also der Schenkende und der Beschenkte, zwingend schriftlich festhalten», rät Eberhard Rott, Fachanwalt für Erb- und für Steuerrecht in Bonn.
Warum, erklärt Rott exemplarisch: Ein Mann verschenkt das Haus, in dem die Familie seit Generationen wohnt, zu Lebzeiten an seinen Sohn. Der Sohn ist Unternehmer. Seine Firma muss eines Tages Insolvenz anmelden. Da der Vater verhindern wollte, dass das Haus dann die Gläubiger zum Opfer fällt, hat er mit seinem Sohn bei der Schenkung einen Rückforderungsvorbehalt vereinbart. So geht das Haus bei einer Insolvenz an den Vater zurück und muss nicht verkauft werden, um mit dem Erlös die finanziellen Forderungen der Gläubiger zu erfüllen.
Die Vereinbarung ist auch sinnvoll, wenn der Schenkende unvorhergesehen in Armut verfällt. Oder wenn etwa der Vater die Immobilie zu Lebzeiten auf seinen Sohn übertragen will, aber mit dessen Frau nicht klarkommt. Sollte der Sohn dann sterben, würde ansonsten die ungeliebte Schwiegertochter das Haus erben.
Lebenslanges Wohnrecht
«Mit einem Rückforderungsvorbehalt kann man festlegen, dass das Haus bei einem Tod des Sohnes wieder ins Eigentum des Vaters übergeht», erklärt Wolfram Theiss, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Zudem kann sich der Schenkende bei einer Immobilie etwa ein lebenslanges Wohnrecht einräumen lassen.
Und noch etwas ist möglich: Wer etwa wertvolle Antiquitäten besitzt, kann diese zu Lebzeiten verschenken und trotzdem festlegen, dass die Gegenstände im Haus bleiben. Der Besitz geht dann erst nach dem Tod etwa auf die Kinder über.
Generell gilt: Schenkungen muss man nachweisen können. «Es sollte zu der Schenkung immer ein Schriftstück geben», rät Theiss. Ein Beispiel zeigt, warum dies wichtig ist: Eine Mutter besitzt wertvolle Gemälde und verschenkt einige davon zu Lebzeiten an ihre Kinder. Idealerweise hat jedes Kind zu jedem Bild eine schriftliche Erklärung der Mutter. «Damit es nach dem Tod der Frau nicht zu Streit unter den Kindern kommt, wer was per Schenkung erhalten hat», erklärt Theiss.
Gut durchdacht
Selbst wenn jemand Geld an Angehörige verschenkt, reicht die Überweisung allein als Nachweis nicht aus – auch dann muss es eine schriftliche Erklärung geben. Darin sollte beispielsweise stehen, ob die Schenkung zu Lebzeiten auf das Pflichtteil angerechnet werden soll oder nicht, erklärt Rott. Eine Anrechnung ist nur wirksam, wenn sie zum Zeitpunkt der Schenkung schriftlich vereinbart wurde. Es reicht nicht, dies später im Testament festzulegen. Es könne aber regeln, ob durch die Schenkung gegenüber anderen Erben eine Ausgleichspflicht besteht.
In jedem Fall sollten Schenkungen zu Lebzeiten gut durchdacht sein – und zudem mit familiären und persönlichen Zielen harmonieren. «Schon so manch einer hat seine Großzügigkeit bitter bereut, wenn sich später die persönlichen Verhältnisse grundlegend gewandelt haben», gibt Steiner zu bedenken.
Vorsichtig sollte man insbesondere bei Schenkungen an Minderjährige sein, rät Theiss. Er berichtet von einem Mann, der seinem erst wenige Tage altem Kind eine Million Euro ohne irgendwelche Absicherung geschenkt hat. Mit Vollendung seines 18. Lebensjahres sollte das Kind frei über den Betrag verfügen können. «Ob das Kind dann die Reife hat, das Geld sinnvoll zu verwenden, ist allerdings fraglich.»
Fotocredits: Silvia Marks,Deutscher Anwaltverein,Anke Schwarzer,Christian Müller
(dpa/tmn)